ANDREAS MÖLZER
Abgeordneter zum Europaparlament

Kurzinfo: Überwachung, Auswirkungen der Krise, Fernsehen, Digitaler Binnenmarkt, Verkehrssicherheit, Europäischer Rat


Überwachungsprogramme – NSA und Co.

Was wir seit dem Wanzenskandal des Jahres 2003 geahnt haben, wissen wir nun also sicher: Die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die EU-Räumlichkeiten werden nicht nur abgehört, die Amerikaner lesen auch E-Mails, SMS und andere Daten mit. Wir können uns also nicht länger einreden, wir seien ein gleichwertiger Partner für die Amerikaner. Und in den US-Dokumenten soll ja gar schwarz auf weiß stehen, dass wir bestenfalls als Partner dritter Klasse eingestuft werden. So viel also zur weltpolitischen Bedeutung der Europäischen Union!

Nun ist die Europäische Union sicher kein Unterstützer von Terroristen, sehr wohl aber ist sie ein Konkurrent der Amerikaner auf dem Weltmarkt. Wer weiß schon, in welchem Umfang US-Spähprogramme für Industriespionage bei europäischen Firmen mit teurem Know-how herangezogen wurden. Beschämend ist, welchen Eiertanz die EU-Mitgliedstaaten in dieser Affäre aufführen und wie sie sich gegenüber dem Aufdecker Snowden verhalten. Es ist höchste Zeit, dass sich die EU von ihrem Vasallen-Dasein gegenüber den Amerikanern verabschiedet und von den USA auch diesbezüglich emanzipiert. Erst dann wird die EU nicht länger eine weltpolitische Lachnummer sein!


Auswirkungen der Krise auf den Zugang zu Pflegeleistungen

Zweieinhalb Millionen Menschen ohne Krankenversicherung, die sich einen Arztbesuch nicht leisten können, Krankenhäuser, denen es an Ärzten und Medikamenten fehlt, Kinder, die nicht geimpft werden – das klingt nach einem Dritte-Welt-Land, tatsächlich jedoch sind das die Zustände im EU-Mitgliedstaat Griechenland! Würden sich nicht so viele Griechen zusammenschließen und Selbsthilfeinitiativen gründen, um Menschen in Not ärztliche Behandlung oder einfach nur Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, gäbe es sicher längst eine massive humanitäre Krise. Frisch ausgebildetes medizinisches Personal, etwa für die Altenpflege, welches vor Ort seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen kann, wandert zunehmend in andere EU-Staaten ab.

Wenn wir schon vom Zugang schutzbedürftiger Gruppen zu medizinischer Versorgung reden, dann sollten wir eben auch an die griechischen Kinder denken. Es ist eine Schande, dass die EU zwar jedem Krisengebiet in der Welt mit Medikamenten unter die Arme greift, dass beinahe jeder Asylwerber medizinische Grundversorgung erhält, dass Brüssel allerdings seinen eigenen Bürgern auf EU-Gebiet in einer schweren Stunde wenig oder zu wenig Hilfe angedeihen lässt. Europäische Solidarität sollte vielleicht weniger für die Bankenrettung instrumentalisiert werden, sondern eher für die Unterstützung und medizinische Versorgung von Kindern.


Schließung des nationalen griechischen Fernsehsenders

Wir alle wissen, dass Verschwendung und Misswirtschaft in staatlichen Unternehmungen gang und gäbe sind, und das nicht nur in südlichen Staaten wie Griechenland. Das kennen wir durchaus auch aus Mitteleuropa, etwa auch aus meinem Heimatland Österreich.

Es ist aber doch so, dass der Sparzwang, dem die Griechen unter Aufsicht der Troika unterworfen werden, seltsame Blüten treibt. Die Schließung des staatlichen Senders ist eine dieser kuriosen Folgen eines Sparzwangs, der in erster Linie die Bevölkerung trifft und ihr wirklich schwere Lasten auferlegt und ihr nunmehr auch die öffentliche Information genommen hat. Die Griechen sind insgesamt wirklich Opfer einer Krise, wobei das viele Geld, das von Seiten anderer Staaten nach Griechenland geflossen ist, offenbar nur in die Bankenrettung geflossen ist und nicht zu den Menschen.

Öffentlich-rechtliche Sender sind natürlich etwas Wichtiges, sie laufen aber auch immer wieder Gefahr, Regierungsverlautbarungssender zu werden. Darum sollte man darauf achten, dass er das nicht wird, wenn man einen neuen öffentlich-rechtlichen Sender für Griechenland gründet.


Vernetztes Fernsehen

Wenn unter dem Schlagwort Connected TV nun das Zusammenwachsen von Internet und Fernsehen tatsächlich gelingen soll, wäre eine einfache Handhabung und intuitive Benutzeroberfläche wichtig für den Erfolg von intelligent vernetzten Geräten. Fest steht jedenfalls, dass der klassische Begriff des Fernsehsenders in der Welt des vernetzten Fernsehens wohl nur mehr Geschichte ist.

Es gibt eine Vielfalt von Arten, in denen Inhalte im vernetzten Fernsehen bereitgestellt und auch konsumiert werden können, von der Ansammlung von Links auf catch-up-TV-websites und Mediatheken der Veranstalter und Apps, die sich auf bestimmte Inhaltsarten spezialisieren, bis hin zu Seiten in sozialen Netzwerken, die einzelnen Sendungen gewidmet sind. Vernetztes Fernsehen bringt damit natürlich auch eine Reihe von Herausforderungen für den europäischen Rechtsrahmen mit sich. Zum Beispiel ist es fraglich, ob in den Bereichen Werbung und Jugendschutz gegenwärtig dieser europäische Rechtsrahmen ausreicht.

Es bleibt natürlich auch die Herausforderung bestehen, ob die nationalen Regulierungsbehörden mit der technologischen Entwicklung auch wirklich Schritt halten können.


Vollendung des digitalen Binnenmarkts

Was Internetnutzer schon lange wussten, hat nun auch eine EU-Studie bestätigt: User erhalten von ihren Providern nicht jene Download-Geschwindigkeit, für die sie eigentlich bezahlen, sondern nur zwei Drittel davon. Die Mobilfunkanbieter sichern sich bekanntlich in den Verträgen mit Klauseln wie Bandbreitenkorridor entsprechend ab. Natürlich ist die tatsächliche Übertragungsgeschwindigkeit von einer Reihe von Faktoren abhängig: Abstand von der Schaltstelle, Kabelqualität, elektrische Anlagen in der Nähe, Anzahl der Anschlüsse usw. Den meisten Nutzern geht es ja nicht um eine garantierte Leistung, sondern darum, was in der Regel eben verfügbar ist.

Mit einem Leistungseinbruch zwischendurch kann man ja leben, solange dies nur selten passiert. Aber genau das passiert leider öfter in ländlichen Regionen, also gerade dort, wo viele auf gute Anbindung angewiesen sind und mangels lokaler Jobangebote ihren Lebensunterhalt beispielsweise in Heimarbeit verdienen oder wo Einkäufe mangels vorhandener Infrastruktur über das Internet getätigt werden müssen. In den Folgestudien sollten wir also regionale Verteilungen verstärkt mit untersuchen.


Straßenverkehrssicherheit

Es klingt ja durchaus ermutigend, dass die Anzahl der im deutschen Straßenverkehr Verunglückten einen historischen Tiefstand erreicht hat. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sich die Anzahl der Kraftfahrzeuge seither ja verdreifacht hat. Andererseits verlieren allein in Deutschland, um bei diesem Beispiel zu bleiben, im Schnitt nach wie vor zehn Menschen täglich ihr Leben im Straßenverkehr. Es bleibt also wirklich noch viel zu tun.

Unverständlich ist angesichts dieser Tatsache die Haltung der Kommission hinsichtlich der Zulassung von Gigalinern. Abgesehen von den Milliarden von Infrastrukturkosten, die dadurch auf die Mitgliedstaaten zurollen würden, wäre dies eine offene Abkehr vom Ziel der Verkehrsverlagerung auf die Schiene und ein sicherheitstechnisches Desaster angesichts des entsprechend längeren Überholwegs und der viermal höheren Unfallgefahr mit Todesfolge. Die Kommission dürfte diesbezüglich nicht länger auf die Frächterlobby hören, und sie sollte dies auch im Hinblick auf ein anzudenkendes Überholverbot von Lkw untereinander auf zweispurigen Autobahnen nicht tun.


Zulassungsdokumente für Fahrzeuge und Unterwegskontrollen

Dass allein 2007/2008 circa 300 000 Fahrzeuge in der EU wegen ihres schlechten Zustands aus dem Verkehr gezogen werden mussten, zeigt, wie wichtig technische Unterwegskontrollen sind. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der technischen Unterwegskontrollen auf Nutzfahrzeuge unter 3,5t mag in Anbetracht der Tatsache, dass diese bei schlechter Wartung ebenfalls andere Verkehrsteilnehmer und die Umwelt schädigen, ja durchaus sachgerecht sein. Und wenn im Zuge dieser Kontrollen Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Ladungssicherung erfolgt, mag dies auch durchaus sinnvoll sein. Immerhin ist das Gros der Autofahrer sich der Gefahr ungesicherter Ladung im Falle einer Vollbremsung bekanntlich nicht bewusst.

Einen Übergang von einer Richtlinie aber zu einer Verordnung scheint indessen nicht sinnvoll und ist nicht nachvollziehbar. Die genaue Durchführung sollte doch den Mitgliedstaaten selbst überlassen bleiben, immerhin sind ja auch die verkehrssicherheitstechnischen Gegebenheiten von Land zu Land verschieden.


Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (27.-28. Juni 2013)

Wenn nun Milliarden nicht mehr in die Rettung ob waghalsiger Spekulationen angeschlagener Banken investiert werden, sondern in Jugendliche, muss eines klar sein: Alleine wird die EU-Jugendgarantie keine Wunder leisten können. Nur allzu groß ist die Verlockung, Jugendliche in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu „parken“, damit sie aus den offiziellen Arbeitslosenstatistiken verschwinden. Eine Jugendgarantie ist also nur sinnvoll, wenn wirkliche Perspektiven geschaffen werden. Und dazu gehört auch, dass sich die EU der Problematik der Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt annimmt. Denn welche Perspektive sollen die Aneinanderreihung von Dauerpraktika, Mini- und Teilzeitjobs sowie befristeten Verträgen schon bringen?

Nicht zuletzt ist es keine Lösung, wenn gut ausgebildete junge Menschen aus den betroffenen Ländern in Massen in den Norden ziehen. Die Qualifizierten werden in ihren Heimatländern gebraucht, um die Krise zu bewältigen. Kommt es hingegen zu einem Massenexodus, so würde dies die tiefgreifenden Probleme der südlichen EU-Staaten nur noch weiter verschlimmern. In Erinnerung rufen sollten wir uns auch, dass die Jugendarbeitslosigkeit schon vor der Krise in den Ländern mit strukturellen Problemen hoch war. Im Süden mangelt es an guten Ausbildungssystemen und diese gilt es entsprechend aufzubauen, damit die Jugendgarantie langfristig wirken kann.

 

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